Historisches zum Sloughi

Geschichte und Tradition

Europäische Reisende und Entdecker, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts begannen, die bis dahin verschlossene arabische Welt und das unzugängliche Nordafrika zu erforschen, brachten zusammen mit einem bunten Bilderbogen an Berichten die Kunde vom Sloughi, dem Windhund Nordafrikas, mit. Die ausführlichste und treffendste Schilderung  gab Mitte des 19.  Jahrhunderts  der französische General Eugène Daumas Arabienkenner und bekannter Hippologe. In seinem 1853 in Paris erschienenen Buch „Die Pferde der Sahara“ widmete er große Teile diesem besonderen Hund und seiner  Tradition und setzte dem Sloughi damit ein historisches Denkmal.

 

Mit großem Einfühlungsvermögen in die afrikanisch-arabische Welt zeigt Daumas den Sloughi als den noblen Jagdgefährten der Beduinen, der die aufmerksamste Behandlung erfährt, der als Welpe erforderlichenfalls an der Brust der Frau genährt wird, der im Zelt an der Seite seines Herrn schläft, der durch Decken vor Kälte geschützt und mit Halsbändern und Talisman geschmückt wird, der vom besten Essen erhält, der gastlich aufgenommen wird, wenn sein Herr Besuche macht, der von hohem Wert ist, wenn er durch Jagen die Familie ernährt. Am Ende seines Lebens, so schreibt Daumas,  wird er  beweint und betrauert. Sein Wesen wird als klug und edel beschrieben, seine Manieren als vornehm und stolz.

Der Sloughi hat das typische Exterieur des orientalischen Windhundes: edler Kopf mit hängenden oder leicht eingeschlagenen Ohren, langer Hals. Ohne den Mantel des Afghanen, ohne die verspielte Befederung des Salukis zeigt er seine quadratische Körperform mit exakter gerader Linienführung und tiefer, geräumiger Brust bei aufgezogener Bauchpartie. Dabei ist er besonders hochbeinig und hat kräftige, gesunde Füße. Wie gemeißelt erscheint die Klarheit seiner Umrisse, wenn der Sloughi in richtiger Kondition ist. Die Adern und Sehnen zeichnen sich beim edlen Sloughi ab; er ist trocken wie das arabische Vollblutpferd.

 

Seine Schönheit hat etwas Besonderes, Asketisches. Sein melancholischer Ausdruck fasziniert. Der Blick seiner schwarz umrandeten Augen, die geschminkt wirken wie die einer orientalischen Tänzerin, dringt tief und hält einen fest. Die schwarze Maske, eine Zeichnung, als wenn das Gesicht in Ruß getaucht worden wäre, ist für viele Tiere charakteristisch.

Es gibt nur drei Farben: sandfarbig (von hellsand bis rötlich  in allen Schattierungen, wie auch der Wüstensand), schwarz mit lohfarbenen bzw. gestromten Abzeichen und gestromt. Die dunkleren Farben kommen, neben der  Sandfarbe, in Übereinstimmung mit der Landschaft eher im Norden bzw. der Mitte der Maghrebländer vor, während in der Sahara der Sloughi so hell ist wie der Lichtschein auf dem Sand.

 

Ähnlich angepasst ist das Format der Sloughis: Der große, kräftigere Typ ist an die nördlichen Regionen und die Atlaszonen gebunden, während die Sloughis der südlichen Randgebiete der Sahara zierlich, fein und trocken sind. Die Schulterhöhe soll nach dem gültigen Standard zwischen 61 und 72 cm liegen.

 

Noch absolut nahe ihrem Ursprung zeichnen sich Sloughis durch ihre gesunde Konstitution aus. Trotz aller Feinheit sind sie kraftvoll, zäh und robust. Ihre Vitalität war der Garant für das Überleben unter extremen Bedingungen.

 

Das Sloughi-Portrait von Daumas, das den nordafrikanischen Windhund inmitten der jahrhundertealten Tradition der Wüstenbewohner zeigt, blieb die klassische Beschreibung der Rasse, die von den meisten Literaten übernommen wurde und auch bei Brehms Tierleben wiederzufinden ist.

 

Verschiedene andere Reisende und Naturforscher aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwähnten den Sloughi ebenfalls in ihren Berichten, so zum Beispiel Nachtigall, Rohlfs und Kobelt.  Bei vielen frühen Beschreibungen durch Europäer spürt man aber immer wieder das Bemühen, den Sloughi zum englischen Greyhound in Bezug zu stellen, den man damals am besten kannte und für den »Windhund par excellence« hielt.

Der Deutsche Kobelt, hinterließ in seinen Reiseerinnerungen eine treffende Kennzeichnung: „.. .ein prachtvoller wolfsstreifiger (gestromter) Windhund, ein echter Sloughi der Wüste, eine schöne Rasse, ganz unserem großen Windhund gleich, vielleicht etwas stärker gebaut, mit hängenden Ohren, ungemein graziös und vornehm in seinen Bewegungen... Sie halten sich getrennt von den gemeinen Dorfhunden, wie von einer anderen Art. Ihre Schnelligkeit ist sehr groß, aber nur die besten, in den Händen der vornehmsten Chefs, können eine Gazelle fangen.  -  Der Sloughi ist Liebling der Araber und ihrer Kinder.“

 

All die Sorgfalt und Pflege in seinen Ursprungsländern wurde dem Sloughi nicht nur um seiner selbst willen zuteil, sondern wegen seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten. Bezüglich seiner Erziehung zur Jagd heißt es bei Daumas: »Demungeachtet wird der Sloughi noch nicht zur Jagd verwendet, höchstens nachdem er 15 oder 16 Monate alt geworden ist, gebraucht man ihn wie die übrigen, aber von diesem Augenblick an mutet man ihm auch fast das Unmögliche zu, und er führt das Unmögliche aus.«

Historisches Foto: Stolzer Jäger in Nordafrika, der von Falken und Sloughi begleitet wird, Zeugnis einer Epoche, in der die Jagdtradition noch nach klassischer Art gepflegt wurde.

 


Frühe Vergangenheit

Man kann den Sloughi zurückverfolgen bis in die Zeit der Pharaonen. Schon auf den Wandreliefs ägyptischer Monumente aus der Zeit vor 3.500 Jahren wurden seine Vorfahren in Jagdszenen dargestellt. Noch ältere Zeugnisse von glatthaarigen, hängeohrigen orientalischen Windhunden sind aus der Blütezeit der mesopotamischen Kultur erhalten.

Die "Rückkehr von der Jagd" zeigt einen glatthaarigen Windhund mit hängenden Ohren (aus Theben, 15. Jhd v. Chr., Grab des Wesirs Rechme-Re).

In Nordafrika  sind glatthaarige Windhunde  in den Fellfarben sand, gestromt und schwarz seit mindestens 2.ooo Jahren dokumentiert. Auf kunstvollen römischen Mosaiken sind sie bei der Jagd auf afrikanisches Wild verewigt. Eine große Auswahl davon  findet man u.a. im Bardo-Museum in Tunis.


Mutmaßlich mit den Zügen arabischer Eroberer gelangten im  7. und 8. Jahrhundert n. Chr. auch deren Windhunde in den Maghreb. Man kann davon ausgehen, dass aus der Verschmelzung beider Typen die heutige Form des Sloughis hervorging. Der Sloughi wird auch Arabischer Windhund genannt, obwohl er ebenso der Windhund der Berber ist, der eingesessenen Altbevölkerung Nordafrikas. Als Ursprungsländer des Standard-Sloughis zählen die nordafrikanischen Mahgrebstaaten  Marokko, Algerien und Tunesien; auch Lybien kann bedingt noch dazugerechnet werden. In diesen Ländern kommt er als Rasse rein und unverwechselbar vor.  

Jüngere Vergangenheit bis heute

In diesem Palast hielt bis Mitte des vorigen Jahrhunderts der Glaoui von Marrakesch Hof und bis zu 40 Sloughis. Im Vordergrund Madani Schuru-esch-Schams, der bei der Besichtigung der historischen Stätte, die bereits als Filmkulisse diente („Königreich der Himmel“), mit dabei war.

Wie überall in der Welt ist auch in Nordafrika vieles im Wandel. Die Lebens-bedingungen für Nomaden und Windhunde sind nicht mehr die gleichen wie noch zu Zeiten von Daumas. Auch die Tage der großen Sultane und Scheichs sind vorbei, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts berühmte Sloughi-Zuchten mit Dutzenden von  Tieren, dazugehörigen Pferden und  Dienern zu ihrer Betreuung unterhielten. 

 

In Verbindung mit dem Jagdverbot, das in Marokko lange Zeit herrschte, entstand eine ziemliche Repression für die Rasse Sloughi. 

 

Sloughi-Jäger wurden verfolgt und europäische Kenner des Landes warnten eindringlich vor dem Verschwinden der Rasse.


Doch das Land ist weit und die Passion für den Sloughi tief verwurzelt. Fernab der großen Städte und Touristen-Mekkas wird die Sloughi-Tradition noch gepflegt, heute weniger romantisch anmutend als vielmehr nützlich-praktisch.

 

Aktuell hat sich die Situation wieder geändert. Es haben sich in Marokko Jagdvereine gegründet. Sie dürfen zu bestimmten Terminen Jagd-Events  und  Rassepräsentationen veranstalten, was der Haltung und der Zucht des Sloughis sehr zugute kommt. 

 

Der Anschluss Marokkos an die internationale Kynologie hat auch dem modernen Araber wieder ein Gefühl für den Wert der eigenen Rasse gegeben: Stolz auf den Nationalhund und die arabische Tradition. 

Gruppe schwarzer Sloughis mit gestromten bzw. sandfarbenen Abzeichen, aufgenommen im Jahr 1977 im Palastgarten von Prinzessin Ruspoli, Marrakesch/Marokko.


Kynologisches

Nicht bei jedem Windhund aus Nordafrika handelt es sich um ein reinrassiges, hochblütiges Exemplar der Rasse Sloughi. Durch die heutige stärkere Öffnung der Länder nach aussen und den kynologischen Tourismus sind Vermischungstendenzen manchmal nicht auszuschließen. 

 

Es gibt europäische Züchter, die ihre eigenen Tiere und Vorstellungen, die nicht unbedingt mit den nativen Sloughis identisch sind, nach Nordafrika exportieren und zur Zucht bringen. Reimporte aus solchen Verbindungen können daher keine absolute Ursprünglichkeit garantieren. 

 

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die glatthaarigen Windhunde des Vorderen Orients einschliesslich Saudi Arabiens keine Sloughis sind. Obwohl für Laien teilweise recht ähnlich erscheinend, gehören sie gemeinsam mit den befederten Vertretern zur Rasse Saluki. Salukis können befederte und glatthaarige Welpen in ein- und demselben Wurf haben. 

Durch Gentest kann neuerdings die Zugehörigkeit zur jeweiligen Rasse zweifelsfrei nachgewiesen werden. Die Rassen haben sehr unterschiedliche genetische Profile.

Out of Africa

Frühes Foto aus der holländischen Epoche um 1900: Ch Sidi Sjeig

Bis in die jüngere Vergangenheit war der nordafrikanische Windhund hierzulande nur ein seltener  Gast.

 

Über einige Stippvisiten um die Jahrhundertwende im Berliner Zoo und eine kleine Zuchtepisode in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts  ging seine Historie in Deutschland nicht hinaus.  Holland erlebte eine begrenzte Blütezeit der Sloughizucht zu Beginn des vorigen Jahrhunderts,  die auf einigen durch den bekannten Maler August Le Gras  importierten Tieren basierte.

 

Frankreich hat eine langdauernde Beziehung zur Rasse Sloughi durch seine Präsenz in Nordafrika.  1925 gab Frankreich seinen Standard heraus und betreute den Sloughi später  als „race française“.  Ab 1974 hat Marokko die Standardführung für den Sloughi selbst übernommen, so dass  - einzigartig für die arabische Welt -  ein Heimatland  die Rassekennzeichen seiner Nationalrasse selbst festlegt und ein Zuchtbuch führt.  Inwieweit die Errungenschaften der modernen Kynologie  allerdings in den entfernteren Regionen des Landes wahrgenommen werden, ist eine andere Frage.


In Deutschland haben Ingeborg und Eckhard Schritt  ab 1971  die ersten Sloughis neuer Zeit  eingeführt und windhundsportlich  bekannt gemacht.

 

Deutschland besitzt heute eine qualitativ hochstehende Zucht  mit ca. 1.700 über die Jahre eingetragenen Tieren. 

 

Ein Kreis engagierter Liebhaber sorgt für interessante Konkurrenzen bei Ausstellungen und Windhundrennen. Darüber hinaus sind Sloughis heute in vielen anderen europäischen Ländern und in Amerika zu finden, wo es neue Pionierzüchter gibt.

 

Importe aus den Ursprungsländern werden nach wie vor begrüßt. Die vornehmste Aufgabe europäischer Züchter ist es, nicht nur die natürliche Schönheit des Sloughis zu fördern, sondern gleichzeitig die wertvolle Mitgift der arabischen Rasse, ihre Gesundheit und Instinktsicherheit, zu erhalten.

I. u. E. Schritt mit den Hündinnen Chauda, Bikra, Afri und Badiya (im Hintergrund)